Irgendwo in der heimischen Samplekiste fand sich noch eine "Portion" eines besonderen Tropfens: den Michel Couvreur Very Sherried 25 yo hatte meine Frau mal irgendwo bekommen. Erster Verdächtiger bei Michel Couvreur ist bei uns ja immer Whisky For Life, aber genau weiß ich nicht mehr, wie das Sample den Weg zu uns gefunden hat. Aber das ist ja am Ende auch nicht so wichtig wie der Whisky ...
Nose: Very sherried, in der Tat! Viel davon. Und sehr süß, sehr fruchtig, mit allen typischen Noten (Sherry, dunkle Trockenfrüchte, Rosinen, Rumtopf). Es braucht etwas Zeit, bis sich diese Noten ein bisschen verflüchtigt haben und man eine Chance hat, dahinter noch mehr zu entdecken. Zum Beispiel frisches Brot, das man gerade aufgeschnitten hat, und seine dunkle Kruste. Oder eine leichte Unternote von Holz, was nach 25 Jahren im Fass ja auch nicht verwundert. Und Fruchtkompott. Oder sind wir damit schon wieder beim Rumtopf vom Anfang?
Taste: Auch auf der Zunge dominiert der Sherry, aber die Holznote kommt jetzt stärker durch. Allerdings wird der Gesamtausdruck nicht bitter, dazu ist der Whisky viel zu süß und vor allem zu weich. Alkohol ist jetzt kaum noch da finden, alles ist weich, vollmundig, geradezu samtig. Und unter allem ist ganz leicht dieser adstringierende Effekt da, der alte Whiskys auszeichnet.
Finish: Der Abgang ist sehr lang und schön warm im Mund, ohne die Hitze zu entwickeln, die man bei hochprozentigen Whiskys (was der Very Sherried mit 45% auch nicht ist) oft hat. Die Wärme reicht etwa bis zur Hälfte des Halses hinab.
Wertung:
Ich bin ja eher ein Freund hochprozentiger Whiskys, aber in diesem Fall weiche ich gerne von diese Vorliebe ab. Das ist ein sehr leckerer Tropfen, und wenn ich mir das leisten könnte, dann würde ich schon gerne einen Platz im Regal für dieses Schätzchen reservieren. Lecker!
Die Hofheimer Whisky & Tobacco Days wollte ich ja eigentlich auslassen. Zu viele Whiskymessen hatte ich dieses Jahr schon besucht, und irgendwann muss ja auch mal gut sein. Naja, und dann war ich sowieso in Frankfurt, der Umweg war auf dem Heimweg nicht groß und in Hofheim waren - außer guten Drams - auch wieder viele Freunde, die man ja mal besuchen könnte ...
Kurz und gut, ich landete in der Hofheimer Stadthalle, traf Freunde, ließ mir einen seltenen Bunnahabhain abfüllen, konnte nicht verhindern dass ich einen Bowmore Handfilled ins Messeglas bekam und hatte am Ende auch noch ein Blind Sample in der Tasche, dessen Auflösung ich erst mit einem Artikel an dieser Stelle bekommen sollte. Immerhin wusste ich, dass es sich um einen Michel Couvreur handelte, und zwar ein "very special Vatting", das es ausschließlich an diesem Tag gebe. "Ungefähr 46%", hieß es noch. Ich glaube ja, dass hier Reste zu einem eigenen Vatting-Experiment animiert haben, aber das muss ja nichts Schlechtes sein. Sowas habe ich - mit erstaunlichen Ergebnissen - auch schon mal gemacht. Also los ...
Nose: Sherry! Natürlich, wie auch anders bei einem Michel Couvreur. Aber nicht zu süß, eher leicht herb. Dazu Gerste, eine leichte Holznote, helles Obst (Mirabellen, Aprikosen), Streusel und Schokolade. Alkohol? Ja, natürlich. Meine Frau meinte, der Whisky wirke in der Nase stärker als die genannten ca. 46%. Mir kam das nicht so vor. Und dann hatten wir noch die Frage zu klären: Rauch oder nicht Rauch? Auch da waren wir uns nicht ganz einig, aber viel Rauch war es jedenfalls nicht, allenfalls ein Anflug. Das steht allerdings im krassen Gegensatz zu einer späteren Gegenprobe. Nach etwa 20 Minuten hatte ich das Gefühl, ich hätte meine Nase in einen Topf mit Silvesterknallern gesteckt, die gerade gezündet worden waren. Also nicht Rauch, wie man ihn von Whisky gewohnt ist, sondern Feuer und Schwefel.
Taste: Im Mund war der Alkohol sehr viel deutlicher, was meine Frau ja schon vermutet hatte. Dazu natürlich wieder intensive Sherryaromen, alles sehr (schön) warm, ein wenig Holz ganz am Schluss, beim Übergang ins Finish. Und süße Noten von Karamell und süßem Bier, vielleicht so ein dunkles Doppelbock. Nicht dass der Whisky wie Bier geschmeckt hätte, aber diese Mischung aus Süße und leicht herben Aromen, das kenne ich sonst nur von Bier.
Finish: Das Finish ist lang und warm im Mund, geht aber nicht sehr tief.
Wertung:
Sehr, sehr lecker, was man sich so "zusammenschütten" kann. Interessanterweise schmeckte das Ergebnis für mich so gar nicht nach Michel Couvreur. Aber vielleicht kenne ich die nur einfach nicht gut genug. Ist wohl ein Fehler.
Tja, und was war das jetzt? Ehrlich gesagt, ich hatte schon in Hofheim ein paar Andeutungen gehört, aus welchen Fässern die beteiligten Whiskys stammen sollten. Da ich davon aber so gar nichts gefunden habe, nenne ich die hier mal nicht. Wenn ich die Auflösung bekommen habe, gebe ich sie hier natürlich weiter.
Ach so, und noch eine Nachbemerkung zu den Whisky & Tobacco Days: da werde ich wohl nicht wieder hingehen, solange der Tobacco im Angebot ist. Ich habe (vor vielen Jahren) aufgehört zu rauchen, weil ich keine Lust mehr darauf hatte. Dabei ist es geblieben. Wer rauchen will, soll das meinetwegen tun. Aber dann gehe ich halt nicht dorthin.
Die Auflösung
Mittlerweile weiß ich, worum es sich handelte. Kein geplantes Experiment, sondern ein Unfall. Na, solche Unfälle möchte ich öfter erleben.
Ich lasse Jan mal selbst erzählen:
Es war ein Unfallwhisky - beim vorangegangenen Tasting kam der Candid zum Einsatz, ein peated Single Malt, welcher in PX Half-Butts reifen durfte. Da wir den auch im Ausschank hatten, wollte ich den Rest der Tastingflasche in die Ausschankflasche zusammenführen und hab aus Versehen beim Reden zur Special Vatting Ausschankflasche gegriffen. Dieser ist ein Blend aus drei Single Malts aus drei verschiedenen Sherryfasstypen, von denen ein Anteil peated ist. Entsprechend mussten wir das Ergebnis probieren und haben ihn für lecker befunden - der Special Vatting gibt die schöne maulfüllende Grundlage, während der Candid die Obertöne spielte und so das Gesamterlebnis bereicherte.